Bericht Donnerstag
Die Gefährten
Was für ein schöner Donnerstag!
Es war der 17. Mai und wir waren bei den Mönchen. Wir, das waren 21 Alumnae und Alumni des Hector-Seminars auf der ersten Studienfahrt des Hector-Seminar-Alumni e. V.
Als Himmelfahrts-Kommando machten wir uns sogleich auf in die Brauerei der Augustiner-Eremiten. Wir hatten einfach zu lange auf das Glück der Ankunft warten müssen, als dass wir den Hunger der Reisenden je vergessen könnten. „Ihr seids hier, weil ihr unser Augustinerbräu mögt! Ich bring dann mal eine Männergröße für alle!“, begrüßte uns der Wirt.
Wir haben damals gefühlsmäßig bejaht, was wir uns erst später trinkend erarbeitet haben: dass aus dem Glück der Gastlichkeit die Pflicht, aber auch das Glück des Bierkonsums erwachsen muss und dass wir die Botschaft in der Tiefe des Humpens erst verstehen, wenn wir ebendiesen geleert und in Lebenskraft umgesetzt haben.
Nur ein einsamer Gefährte brachte den Mut zusammen, sich der oktroyierten Bestellung zu widersetzen. Die anderen nahmen ihr Schicksal an: mit der unendlichen Dankbarkeit von Reisenden, die nach den langen Irrwegen durch deutsche Autobahnen infrastrukturelle Wüsten des 21. Jahrhunderts endlich und unerwartet ihr Ziel gefunden haben.
Deshalb: Was für ein schöner Donnerstag dieser 17. Mai auch für uns!
Die zwei Türme
Statt reisen lernen. Im Zeichen dieses Hectorianischen Leitspruchs machten wir uns nach über einem Hectorliter Bier, mit nun nicht mehr nüchternem Magen, auf die Suche nach einer Ortskundigen. Diese war jenseits des Marienplatzes auch bald gefunden und führte uns zweieinhalb Stunden durch Geschichte und Altstadt.
Als sie uns von einem wohltätigen brezelverteilenden Reiter erzählte, war uns noch nicht bewusst, dass dieses Laugengebäck ein Grundnahrungsmittel für die Bewohner Bayerns ist und für uns an diesem Wochenende werden sollte. In den besichtigten Kirchen setzte der Weihrauch dem Advocatus Diaboli Patrick F. so stark zu, dass er sich in der Frauenkirche dazu hinreißen ließ, in des Teufels Fußstapfen zu treten. Trotz diverser Gerüchte, nach denen der Teufel auch am Bau der
Frauenkirche beteiligt gewesen sei, unterscheidet sich die Höhe der zwei Kirchtürme nur um wenige Zentimeter, wie unsere Führerin klarstellte. Auf dem Viktualienmarkt erschraken wir fürchterlich, als wir erfuhren, dass die in der Stadt aktiven Bierkonzerne sich nicht in einem Pentagramm anordnen lassen – es sind nur vier an der Zahl. Unweit des Deutschen Pudel-Klubs konnten wir uns jener Vierbeiner Kerns daher nicht erwehren. Dunkle Pakte müssen auch im Spiel gewesen sein, als ein früherer Fürst in mehreren Metern Höhe angebrachte Nägel aus einer Wand trat, wie uns am Tor zur Residenz berichtet wurde.
Die Rückkehr des Stilbruchs
München! Welthauptstadt der Lederhosen und Dirndl! Und was tun die? Checken in einem nach australischen Beutelsäugern benannten Hostel ein, das baugleich auch in Sydney oder New York stehen könnte und brechen in Abendgarderobe zum Asia-Varieté auf! Dort lassen sie sich unter anderem von einem elektrischen, und man muss zugeben talentierten, nicht mit den Augustinern verwandten Mönch belustigen.
Das Abendessen besteht für die meisten dann aus Döner oder Pizza – zur Verteidigung einiger weniger anständiger Buben und Mädl muss freilich gesagt werden, dass die zunächst gewünschten Haxn-Wecks ausverkauft waren
Wehe! Die Einheit von Inhalt und Form ist endgültig dahin! Amen!
Epilog
Auf der Rückkehr aus Asien konstatierte unser Präsident folgende, für viele ebenso wahren wie unaussprechlichen Tatsachen:
„Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Verein unserer Größe mit dieser Schweinshaxnorientierung und damit auch Schweinshaxnabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall, auch kulinarischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren. Zum Beispiel: freie Haxnwecke. Zum Beispiel: ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen – negativ –, bei uns durch Handel Haxn- und Bierversorgung zu sichern. Alles das soll diskutiert werden, und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.“
Zurück in unserem australischen Exil fand sich bald die gesamte Gemeinschaft – bis auf jene verwegenen Wagenlenker, welche noch das Nachtquartier ihrer Gefährte unter einer Brücke zu errichten ausgezogen waren, – im Schankraum des Unterschlupfes ein. Nachdem dort zunächst manch urbayrisches Bier- und manch eher uraustralisches Cocktailgetränk sein durststillendes Schicksal erfüllte, war es Zeit, dass die Schicksalsgesellschaft sich untereinander besser kennenlerne. Dazu führte die Schamanin der Gruppe, Janina S., ein offenbar althergebrachtes Ritual durch, welches mithilfe der natürlichen Kraft von Zellulosestücken den Teilnehmenden unterschiedlich viel ihrer Persönlichkeit entzog und in das kollektive Bewusstsein des Geschöpfs einpflegte, welches die entrückte Schamanin, während des Rituales mit den Worten:
„Ein großer Vorsatz scheint im Anfang toll;
Doch wollen wir des Zufalls künftig lachen,
Und so ein Hirn, das trefflich denken soll,
Wird künftig auch ein Denker machen.“,
entzückt die Pilsphiole betrachtend, erschuf.
Der Koloss des Vereins war geboren; zu den Begebenheiten, unter welchen er durch die richtige Zugabe strahlungsintensiver Metalle zu der gefürchteten Kreatur wurde, als welche er heute berüchtigt ist, sei auf die Chroniken eines anderen Tages von einem anderen Zeitzeugen verwiesen. In Folge dieser wahrlich nicht einfach aufzunehmenden Geschehnisse suchten die in Mitleidenschaft Gezogenen früher oder später, mehr oder weniger verwirrt durch die Eingriffe ins Innerste der Persönlichkeit, Zuflucht im Schlaf – und fanden diese nachfolgender Aussagen zufolge auch.
Herr Präsident der Hector-Stiftung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe verehrte Mitleserinnen und Mitleser aus dem In- und Ausland!
Diese auf Fakten basierende und an Werten orientierte Aufarbeitung der München-Fahrt wurde nicht nur richtungsweisend für uns im Alumni-Verein. Sie wird auch als beispielhaft von vielen Gesellschaften empfunden, die nicht wissen, wie sie mit der Last einer Kaffeefahrt umgehen sollen. Das entschlossene Ja der Gefährten zur Dokumentation dieser Studienfahrt ist ein weiteres kostbares Gut der Hector-Alumni-Geschichte, ein Erinnerungsgut, das uns wichtig bleiben sollte. Der Sinn dessen, dass wir so schreiben, ist, dass wir nicht nur blau über Weisheiten nur über Blau-Weißheiten, über Schmand und Weißwurst schreiben möchten.
Deshalb: Was für ein schöner Donnerstag dieser 17. Mai auch für Sie!
Beni, Björn, Christoph, Julian, Max, Sebastian
Bericht Freitag
Freitagmorgen, 8:00 Uhr: im ersten Stock des Wombat's schrillen die Wecker. Gnadenlos.
Zwanzig Minuten später trudeln auch die letzten Gruppenmitglieder im Speiseraum ein, wo die anderen bereits genüsslich belegte Brötchen, Joghurt, Obst, Müsli, ... – kurz ein rundum nahrhaftes Frühstück verzehren. Ketchup-Sandwiches dürfen bei einem solch ausgewogenen Start in den Tag natürlich nicht fehlen!
Schon kurze Zeit später blockiert die Gruppe den Empfangsbereich, während einzelne Alumni ausschwärmen um auch die letzten Schlafmützen aus den Federn zu jagen. Endlich vollständig machen wir uns auf den Weg zum BMW-Museum. Dies ist der wohl einzige Ort in Deutschland, an dem in einem mehrstöckigen Museumsgebäude technische Legenden wie das Goggomobil und das Cabriolet, das einst Pierce Brosnan in seiner Rolle als Agent 007 lenkte, seit an seit mit historischen Innovationen wie einem 16-zylindrigem Flugzeugmotor und Kassenschlagern wie dem bekannten BMW-Polizeimotorrad, ausgestellt werden.
Kein Wunder, dass den Maschinenbauern unter uns schon bald warm ums Herz wird. Die Bauingenieure und Architekturbegeisterten haben sich bereits auf dem Weg von der Haltestelle zur Ausstellungsstätte an der BMW-Welt auf der anderen Straßenseite erfreuen können. Und uns Mädchen verzaubern (wer hätte das gedacht) die ästhetischen Aspekte der Exponate. Das BMW-Museum bringt dem Besucher nicht nur die Unternehmensgeschichte näher, sondern vermittelt (unterstützt durch eine kompetente Führung) auch langfristige Tendenzen technischen Fortschritts und modischer Einflüsse.
Viel zu früh müssen wir uns von den Lichtskulpturen im oberen Stockwerk losreißen, die für uns so manches Wunder bergen.
Geluncht wird schließlich im Gasthaus zum Goldenen M mit guter Verkehrslage. Nach kurzen Orientierungsschwierigkeiten bei der Gruppenzusammenführung steigen wir in die nächste Bahn, die uns ins Grüne bringt. Knapp eine Stunde wandern wir durch Wald und Wiese und genießen Aussicht und wärmende Sonnenstrahlen ebenso wie abwechslungsreiche Gespräche.
Erschöpft erreichen wir unser Ziel: Kloster Andechs. Nach der Besichtigung der Klosterkapelle sinken wir dankbar auf die Holzbänke in der Schankstube des klostereigenen Biergartens und kommen nach und nach bei Maß und Schweinshaxe wieder zu Kräften.
Gut gesättigt machen wir uns im Anschluss auf den Heimweg. Unterwegs wird ausgeknobelt, welches Zimmer das Recht hat, den Tagesbericht zum Samstag zu schreiben. Nach dieser diplomatischen Schlichtung eines gruppeninternen Streits beschließen wir für den Abend weitere Maßnahmen zur Stärkung des Gruppenzusammenhalts...
Isabell Steidlinger, Rebecca Bartel
Bericht Samstag
Strahlende Sonne und strahlende Gesichter, der perfekte Tag für den Besuch des Atomkraftwerks Isar.
Am Morgen besuchten jedoch zunächst einige Interessierte in aller Frühe den Englischen Garten und sahen neben den weiten Grünflächen auch die Eisbachwelle, eine Kuriosität Münchens, die das Surfen mitten im tiefsten Bayern fernab von jedem Meer ermöglicht. Nach der Rückkehr zum Hostel und der Reunion mit dem ausgeschlafenen Rest der Gruppe begann die Odyssee durch die Stadt zu den Autos und anschließend zum Atomkraftwerk Isar bei Wörth, das ungefähr 100 Kilometer nordöstlich von München liegt.
Nach einem selbstkritischen Film, der die Vorteile der Atomkraft aufzeigte, konnten wir mithilfe einer live geschalteten Überwachungskamera in das Innere des Reaktorgebäudes, und auf die motivierten und engagierten Mitarbeiter blicken. Frau Klein erwies sich als kundige und freundliche Führerin. Nach einigen Folien, anhand derer uns Frau Klein die Funktionsweise des Kernkraftwerkes erklärte begann unsere Führung. Aufgrund der Sicherheitsregelungen, durften wir keine Kameras mitnehmen.
Außerdem wurde jeder einzelne Personalausweis überprüft und wir wurden mit einem Metalldetektor auf verbotene Gegenstände abgesucht. Danach erhielten wir noch einen Helm und gingen in das Maschinenhaus. In einem Vorraum wurde uns ein Modell des AKW im Maßstab 1:25 gezeigt, mit dem E.ON den Bau besser planen konnte und 129 Mio. € gespart hatte.
Danach wurden wir zusätzlich mit Ohrstöpseln zum Lärmschutz ausgestattet. Im Obergeschoss des Maschinenhauses angekommen war die weltweit leistungsstärkste Turbine zu bestaunen: Der angeschlossene Generator hat eine Scheinleistung von 1.640MW und einen Nennstrom von 35kA. Die Größe der Maschinen hat uns sehr imponiert, wie auch der Aufwand um sie zu betreiben. Beispielsweise werden zur Kühlung 60.000kg Wasser pro Sekunde durch die Anlage gepumpt. Am Ende der Führung hat uns ein großzügiges Mittagessen auf Kosten des Hauses erwartet und eine abschließende Diskussion zur Atomenergie im Allgemeinen und dem Atomkraftwerk Isar 1 und 2. Der anschließende Aufenthalt am See in Wörth war sehr entspannend.
Abends, zurück im Hostel, schauten wir das Champions League Finale. Der restliche Abend unterlag der freien Gestaltung.
Marvin Kickuth, Jakob Schmidt, Robert Schmier, Florian Naumer
Bericht Sonntag
Nach dem durchaus ereignisreichen Samstagabend, welcher allerdings nicht das gewünschte Ergebnis lieferte, verlief die Nacht auf Sonntag doch wesentlich ruhig als erwartet.
Die anfängliche Enttäuschung über die tragische Niederlage unseres „temporären“ Heimatvereins verpasste der allgemeinen Stimmung nur einen kleinen Dämpfer, der sich in den entsprechenden Runden allerdings recht schnell in Luft auflöste.
Die 12-Uhr-Marke unsere Hosteluhr wurde erreicht und es ergab sich, das bestimmte Individuen, die zuvor einen fünf-stündigen Schönheitsschlaf absolviert hatten, plötzlich erwachten und sich mit vollem Eifer um die Gestaltung des nach mitternächtlichen Programms kümmerten.
Der Enthusiasmus, der hierbei an den Tag gelegt wurde, konnte weder von Müdigkeitserscheinungen, gewaltsamer Entfernung aus bestimmten Schlafgemächern noch Sonstigem gebremst werden.
Nach einer mehr oder weniger geruhsamen Nacht brachen wir unsere Zelte im Hostel ab und mussten mit Erschrecken feststellen, dass eines unserer Autos sich nicht in dem Zustand befand, in dem es am Vorabend zurückgelassen worden war. Jedoch handelte es sich hierbei um keinen Schaden, der nicht wieder mit Wasser und viel Seife hätte behoben werden können.
So mancher erinnerte sich hierbei schmunzelnd an den gut gemeinten Rat vom Samstag: „Du solltest dein Auto echt nicht auf der Straße stehen lassen, wenn heute Abend Champions-League-Finale ist.“
Um unseren Kurztrip nach München abzurunden, begaben wir uns anschließend alle in den kulturträchtigen Biergarten des Hofbräukellers, um dort mit einem traditionellen Weißwurstfrühstück auch die letzten Zweifel an der bayrischen Küche auszuräumen.
Wir hatten zwar viel Erfahrung mit dem Verzehr von bayrischen Brezen, da diese ca. 50% unserer Gesamternährung in München ausmachten, jedoch standen nun so manche vor einem Problem, das nicht bedacht worden war: „Wie pelle ich eine Weißwurst?“
Es fanden sich zahlreiche Vorgehensweisen, um an das schmackhafte Innere der Wurst zu gelangen; von medizinischen Eingriffen mit chirurgischer Präzision über brutales Aufschlitzen bis hin zum verzweifelten Auslutschen der Wurstpelle.
Nach ausgiebiger Diskussion und einem entsprechenden Erfahrungsaustausch gelang es jedoch jedem seinen Hunger zu stillen.
In gemütlicher Runde wurde anschließend den Verantwortlichen Janina (alias Chefin), Sebastian (alias Chef) und Björn für ihre großartige Organisation gedankt und mit einem kleinen „Schmankerl“ belohnt.
Hier findet sich nun das Ende unseres 4-tägigen Ausflugs in die Hauptstadt des Freistaates Bayern. Wir haben nicht nur Einblick in Kultur, Geschichte und Technik dieser wunderbaren Stadt erhalten, sondern haben auch zahlreiche neue Freundschaften mit bisher unbekannten Alumni geschlossen.
Nicht einmal die beschwerliche Heimreise über die staugeplagte A8 konnte diese Stimmung trüben, sodass unsere Münchenfahrt ein Ereignis bleiben wird, an das wir uns gerne noch lange zurückerinnern werden.
Kai Uwe Becker